Tierschutz ist Erziehung zur Menschlichkeit

Tierschutzlehrerin Maya Conoci mit einigen Ihrer Lieblinge
Interview mit Maya Conoci, Tierschutzlehrerin von «DAS TIER UND WIR»

AG STG: Weshalb ist Tierschutz im Unterricht wichtig?

Conoci:
Mitgefühl ist eine ganz natürliche menschliche Veranlagung. Wird diese Begabung jedoch unterdrückt, so verkümmert sie. Niemand braucht sich zu wundern, dass die Gewalt in unserer Zivilisation und an Schulen zunimmt, wenn sie im Umgang mit Tieren für ganz normal gehalten und nicht hinterfragt wird. Durch diesen Zusammenhang ist Tierschutz auch Menschenschutz.

AG STG:
Ab welchem Alter ist Tierschutz im Unterricht geeignet?

Conoci:
Der Unterricht ist stets auf das Alter der Schüler abgestimmt, darum kann schon im Kindergarten erfolgreich Tierschutzunterricht stattfinden. Die meisten Kinder haben einen natürlichen Zugang zu Tieren – das sollte gefördert statt vernachlässigt werden. Empathie und Respekt vor dem Du (egal ob es nun zwei oder vier Beine hat) ist ein Erziehungsauftrag zum Wohle aller Mitlebewesen.

AG STG:
Wie wird man Tierschutzlehrerin?

Conoci:
Ich habe meine Ausbildung in Graz (Österreich) gemacht. Inzwischen bildet unsere Stiftung auch selber Tierethik-Lehrkräfte aus. Voraussetzung für diesen Beruf ist, dass man das, was man lehrt, auch selber lebt: Alle unsere Tierethiklehrkräfte sind Vegetarier oder Veganer und achten in ihrem Leben darauf, nichts zu unterstützen, was Tierleid verursacht.

AG STG:
Wie können interessierte Lehrer eine Tierschutzlehrerin engagieren?

Conoci:
Indem sie die Stiftung oder direkt eine Tierethiklehrkraft kontaktieren und einen Termin für ein unverbindliches Vorgespräch vereinbaren (siehe Kasten).

AG STG:
Bringen Sie auch Tiere mit in den Unterricht?

Conoci:
Wenn von der Klassenlehrkraft gewünscht, bringe ich meine Hündin Sina mit in den Unterricht. Dies ist vor allem in Klassen sinnvoll, in denen nicht viele Kinder selber Haustiere haben, wie z.B. in städtischen Schulen. Dort kann Sina durch ihre Anwesenheit die Herzen der Kinder berühren und öffnen – sie agiert dann sozusagen als «Botschafterin» für die Tiere.

Interessiert machen die Schüler beim Tierschutzunterricht mit
Interessiert machen die Schüler beim
Tierschutzunterricht mit
AG STG: Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzen Sie in diesen Unterrichtsstunden?

Conoci:
Am liebsten informiere ich «Querbeet». Ein wichtiger Schwerpunkt ist aber stets die Goldene Regel «Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem andern zu». Unser Ziel ist es, bei den Kindern ihr ethisches Bewusstsein und ihr Mitgefühl zu wecken und ihnen bewusst zu machen, dass alle ihre Handlungen Folgen haben für ihre Mitmenschen, die Tiere und die Natur. Wenn man sich dieser Verantwortung bewusst wird, geht man automatisch achtsamer durchs Leben.

AG STG:
Tierversuche sind extrem grausam. Zeigen sie dazu auch Videos bzw. wie versuchen Sie die Kinder mit diesem Thema zu konfrontieren?

Conoci:
Ja, wir zeigen auch Filmmaterial, allerdings erst ab der 5. / 6. Klasse und natürlich keine allzu schlimmen Szenen, denn die würden verhindern, dass sich die Kinder überhaupt damit auseinander setzen können. Überhaupt ist dies eins der schwierigsten Themen, da die Jugendlichen (noch) keinen direkten Einfluss darauf nehmen können. Andererseits ist es überaus wichtig, ihnen die Augen zu öffnen über diese Ungeheuerlichkeit.

AG STG:
Überwiegen bei Ihrem Unterricht wissenschaftliche Fakten oder mehr die Frage: Dürfen Menschen Tiere quälen und töten?

Conoci:
Beide Aspekte werden erörtert und die Jugendlichen dazu ermuntert, die heutige Realität kritisch zu hinterfragen, sich eigene Gedanken zu machen und ihr Gewissen und ihr Mitgefühl dazu zu befragen. Eine wichtige Frage dabei ist z.B.: Kann ein fühlendes, leidensfähiges Lebewesen mein Eigentum sein?

AG STG:
Werden die Schüler auch praktisch in den Unterricht integriert? Müssen sie selbst Lösungen erarbeiten?

Conoci:
Auf jeden Fall. Es ist überaus wichtig, dass die Jugendlichen die möglichen Lösungen selber herausfinden – durch genaues Hinschauen und selber darüber Nachdenken wird ihnen meist sehr schnell klar, was sie bei sich verändern können. Die Motivation dazu kommt aus der Betroffenheit, die durch die Informationen ausgelöst wird.

AG STG:
Gibt es auch Schüler, die das menschliche Verhalten gegenüber den Tieren versuchen zu rechtfertigen?

Conoci:
Ja, das gibt es manchmal. Mit gezielten Fragen kann die Tierethiklehrkraft jedoch erreichen, dass diese Schüler auch den Standpunkt der Tiere mit einbeziehen in Ihre Überlegungen und merken, dass kein von Menschen verursachtes Tierleid zu rechtfertigen ist.

AG STG:
Welches ist die häufigste Frage, die Ihnen von Schülern gestellt wird?

Conoci:
«Essen Sie Fleisch?»

AG STG:
Fühlen sich die Kinder nach diesem Unterricht nicht schrecklich über die vielen Tierquälereien der Menschen?

Conoci:
Der Unterricht findet so statt, dass nur Themenbereiche behandelt werden, auf die die jeweilige Altersgruppe auch Einfluss haben kann. Durch ihre Betroffenheit sind die Kinder motiviert, etwas gegen das Leiden der Tiere zu unternehmen und das gibt ihnen Mut und Zuversicht.

AG STG:
Was schlagen sie den Kindern vor, wie sie sich für Tiere einsetzen können?

Conoci:
Hinschauen, sich informieren, nachdenken und achtsam sein – vor allem beim Konsumieren. Als Konsument von Waren und Dienstleistungen entscheide ich mit, ob und wie etwas produziert bzw. angeboten wird. Durch diese achtsame Lebenshaltung übernehmen die Kinder auch Vorbildfunktion in ihren Familien und ihrem Umfeld.

AG STG:
Ein abschliessender Satz?

Conoci:
Es fällt manchmal schwer, stets achtsam und verantwortungsbewusst zu handeln. Mein Motto dazu ist: nicht alles oder nichts, sondern so viel wie möglich. Ich versuche so durchs Leben zu gehen, dass ich möglichst wenig Schaden anrichte.

AG STG:
Herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben.

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Andreas Item

DAS TIER UND WIR

Zentrale Werte der Stiftung:
- Respekt vor der Natur und allen ihren Ausdrucksformen
- Ethisches Verhalten und Mitgefühl gegenüber unseren Mitgeschöpfen
- Konsequenter Tierschutz ohne Doppelmoral: alle Tiere als leidenfähige Mitlebewesen achten und sie nicht für egoistische Zwecke quälen und missbrauchen

Die mobilen Tierethiklehrer der Stiftung besuchen auf Einladung Kindergärten und Schulen während zwei Doppellektionen im Abstand von einer Woche. Vorgängig findet ein Vorgespräch statt, bei dem die Klassenlehrkraft und die Tierethiklehrkraft die Inhalte und den Ablauf besprechen und vereinbaren.


Interessierte Lehrkräfte oder Schulen kontaktieren DAS TIER + WIR, Stiftung für Ethik im Unterricht, Elfenauweg 45, 3006 Bern, Tel. 031-351 19 06 oder
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Auch auf der Homepage www.tierundwir.ch finden sich viele interessante Infos.

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