Am 23. Juni 2008 fand in Genf vor dem Internationalen Gerichtshof für Tierrechte ein Prozess gegen die grausame Praxis des Stierkampfes in Spanien, Portugal und Frankreich statt. Ebenfalls wurde beklagt, dass dieses Mordsspektakel, das in Umfragen nur von 5% aller Spanier vollumfänglich gutgeheissen wird, jährlich mit 500 Millionen Euro subventioniert wird.
Bei diesen feigen Massakern werden jährlich tausende Stiere getötet. An weiteren teils noch grausameren «Volksfesten» werden bis zu 40 000 Stiere gequält und ermordet. Im Gegensatz dazu starben in diesem grausamen Machtspiel seit 1949 nur 8 Matadore. Kann es sich somit um einen fairen Kampf zwischen Mensch und Tier handeln?
Der Prozess wurde von der Foundation Franz Weber (FFW) und United Animal Nation (U.A.N.) organisiert.
Auf der Anklagebank «sassen» die Vertreter der spanischen, der französischen und der portugiesischen Regierung. Hauptankläger waren das französische Comité Radicalement Anti-Corrida (C.R.A.C.), die spanische FUNDACION ALTARRIBA und die portugiesische Vereinigung ANIMAL. Diese wurden von vielen Mitklägern (unter anderem der AG STG) unterstützt.
Grausames neues Beweismaterial
Der Stierkampf-Prozess baute auf umfassenden und detaillierten, in jahrelanger Kleinarbeit recherchierter und dokumentierter Beweislage auf. Ergänzt wurden diese von vielen neuen Aspekten und Informationen, die auf Zeugenaussagen aus inneren Kreisen der Tauromachia basieren wie auch auf neuem Dokumentationsmaterial, das erstmals an die Öffentlichkeit gelangt ist. Bedrückt und teils unter Tränen wurden die aktuellen Videos aus den Stierkampfarenen von den Anwesenden im Gerichtsaal angeschaut. Nichts hatte sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert. Kein bisschen seiner Grausamkeit hat der Stierkampf in dieser Zeit verloren. Was sich im Verlauf der Stierkampfgeschichte immer wieder geändert hatte, sind die Möglichkeiten für den Stier, in diesem Kampf überhaupt eine Chance zu haben. Dennoch hält sich der Mythos und die Lügen rund um den heldenhaften Stierkampf hartnäckig in den Köpfen der Stierkampffanatiker.Der Stier leidet gar nicht!
Im Februar 2007 veröffentlichte eine Gruppe von Veterinärmedizinern der Universität Complutense Madrid eine Studie, die «beweist», dass Stiere bei diesem Mordspektakel kaum Stress erleiden würden. Diese Studie wurde in unzähligen Medien veröffentlicht, jedoch noch nie in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Zum Vergleich wurde die Stresshormonproduktion bei Stieren die nur auf Lastwagen transportiert wurden mit dem Stress der Stiere, die in der Stierkampfarena die ganze Peinigung durchlebt haben und auf dem Kampfplatz sterben mussten, verglichen. Die Studie «belegte», dass die Stiere in den Arenen dreimal weniger Stresshormone produzierten als die Vergleichsgruppe und somit der Stierkampf kein Leid für die Stiere bedeute. Diese paradoxe Behauptung rief Tierarzt José Enrique Zaldivar Laguia, Mitglied des Veterinärmedizinischen Kollegiums von Madrid, auf den Plan. Nicht aus tierschützerischen, sondern aus wissenschaftlich-medizinischen Gründen erschien ihm diese Studie als absolut unglaubwürdig. Auf interessante und eindrückliche Weise gelang es ihm, die Behauptungen dieser Studie zu widerlegen und somit diese (s)tierverachtende Studie als pro-Stierkampf-Propaganda zu entlarven.Ist der Stierkampf rentabel?
Jährlich werden die Bereiche rund um den Stierkampf mit über 500 Millionen Euro subventioniert. Besonders verheerend: Dieses Geld stammt teilweise aus den Bildungsfonds der einzelnen Regionen. Dringend benötigte Gelder für Schulbücher und Schulunterricht wird einfach für Stierkampffeste verwendet. Auch das Gesundheitswesen in Spanien liegt im argen. Mehr als 200 000 Patienten warten auf dringende Operationen, die aus Geldmangel nicht durchgeführt werden können. Diese Verzögerungen der Operationen führen nicht selten zu bleibenden Schädigungen und manchmal sogar zum Tod dieser Patienten. Es wird allgemein auf vieles sehr wichtiges verzichtet, damit solche grausamen Volksfeste durchgeführt werden können.Weshalb aber entstehen so hohe Kosten für die Organisation und Durchführung eines Stierkampfes? Ein «Spitzentorero» kann für eineinhalb Stunden Gemetzel über 100 000 Euro einnehmen! Aber auch andere verdienen sich mit dem Stierkampf eine goldene Nase. Ohne die diversen Subventionen würde ein Zuschauerticket bis zu 600 Euro kosten! Und auch so kostet es immer noch bis zu 100 Euro. Was sind das für Menschen, die bei der Gesundheit, beim Essen und dem Schulgeld für ihre Kinder Einsparungen vornehmen nur um sich ein Ticket für einen Stierkampf leisten zu können? Wie kann ein Mensch den Besuch eines Stierkampfes über die Bedürfnisse seiner eigenen Familie stellen?
Das Urteil
Die Angeklagten wurden für schuldig befunden, um jeden Preis die barbarische und mittelalterliche Praxis des Stierkampfs am Leben erhalten zu wollen. Ebenfalls, des wiederholten Versuchs, eine offizielle Anerkennung des Stierkampfes als kulturelles Erbe Europas anzustreben. Auch wurden Sie der Folterung und Tötung von Tieren zu Unterhaltungszwecken verurteilt, sowie diverser Verbrechen gegen die menschliche Würde und des Verstosses gegen eigene Landesgesetze.Da der Internationale Gerichtshof für Tierrechte nicht als ordentliches Gericht anerkannt ist, kann er leider den Verurteilten keine rechtsgültigen Strafen auferlegen.
Zumindest aber die Medien haben dieses Thema wieder einmal dankbar aufgegriffen, was die öffentliche Diskussion über Tierrechte stets aufrecht erhält.
Andreas Item
Antonio Moreno - Stierkampf war mein LebenHunderte von Stieren sah er aus nächster Nähe sterben. Das Wichtigste in seinem Leben waren der Stierkampf, die Jagd und das Angeln. Kein Pardon mit den Tieren, volle Härte gegen alle Lebewesen. Das war sein Credo.Bereits mit 9 Jahren kannte er alle Bräuche, Rituale und Waffen, die beim Stierkampf zum Einsatz kamen. Mit seinem Vater bereiste er viele Stierkampfplätze, und war jedes Mal, wenn ein Stier seinen Leiden erlag, voller Freude über den Sieg gegen das Böse. Er war vollkommen Besessen vom Stierkampf. «Ich sah viele Stiere weinen, hörte viele vor Schmerzen schreien. Damals waren das für mich nur Zeichen mangelnder Klasse, Zeichen von Feigheit!» sagt Antonio Moreno. Antonio war etwas über dreissig Jahre alt und besuchte, wie so oft, voller Leidenschaft einen Stierkampf. Doch dieser Tag sollte anders enden … Plötzlich erschien ein Stier hinter dem Stierkämpfertuch. Nie zuvor habe er einen Stier gesehen, immer nur die Bestie, die man töten muss. Er verharrte einige Zeit irritiert von diesen Eindrücken, irritiert von diesen ihn plötzlich überkommenden Gefühlen. Plötzlich stand er auf und verliess wortlos die Arena. Seit diesem Tag hat er niemals wieder einen Stierkampf besucht. Heute kämpft Antonio für die Rechte der Tiere. Er ist Präsident von CACMA (www.cacma.org), eines spanischen Kollektivs gegen Tierquälerei. Mit Vorträgen an verschiedenen Bildungseinrichtungen versucht er die Generationen der Zukunft für mehr Respekt gegenüber den Tieren zu sensibilisieren. Auch sein Credo hat sich gewandelt. Niemals wieder wird er ein Tier töten oder Essen können. Niemals wieder den Tod eines Tieres gutheissen können. Trauer und Wut klingen aus seinen Worten. Aber auch Scham darüber, dass er sein Tun nicht früher hinterfragte. Er verabschiedete sich mit den Worten: «… und auch ich bin schuldig, da ich lange Zeit Teil dieses grausamen Schauspiels war. Ich bitte um Gerechtigkeit – nicht für mich, sondern für das Leben des am schlimmsten Betroffenen – DES STIERS». |