«Nicht nur unnützes Leid, sondern auch Verschwendung von Steuergeldern!» 

Verzweifelt blickt der Affe unter einem verkabelten Helm hervor, gebeutelt von Elektroschocks. Die verkrüppelte Gen-Maus bricht fast unter ihrem Tumor zusammen. Solch grausige Bilder springen einem beim Thema Tierversuche ins Auge. Doch der Laie weiss zum Glück: Keine Bange, dies hilft letztlich ja dem Menschen, der Heilung von Krankheiten.

Aber ist es wirklich so? Eine neue Studie behauptet das Gegenteil! Nur 0,3 Prozent von 51 Tierexperimenten an drei bayerischen Universitäten erreichten ihr Ziel: die Übertragung der Ergebnisse auf den Menschen. Bei 99,7 Prozent mussten die Tiere völlig umsonst leiden und sterben! So lautet das Ergebnis der Langzeitstudie von Prof. Dr. Toni Lindl vom Institut für angewandte Zellkultur in München und der Akademie für Tierschutz des Deutschen Tierschutzbundes.

«Wir haben behördlich genehmigte Tierversuche untersucht, geschaut, ob die Forscher ihre selbst formulierten Ziele erreichten», erklärt Professor Lindl. 5000 Mäuse, Ratten und Kaninchen wurden für die Versuche verwendet. Über zehn Jahre beobachtete die Studie, ob die betroffenen Forschungen an den Universitäten Würzburg, Erlangen und Regensburg mit neuen Ergebnissen zitiert wurden. Und ob die Untersuchungen am Ende in irgendeiner Form in einer Therapie oder in Medikamenten für Menschen mündeten. «In gerade mal 0,3 Prozent gelang die Übertragung auf den Menschen.

Selbst aus diesen Forschungsvorhaben resultierte nach zehn Jahren keine klinische Therapie für den Menschen!» Lindls Quintessenz: «Ausser einer Therapie für Kleintiere ist nichts herausgekommen.» Dass dieses Ergebnis erst durch diese private Studie ans Licht kam, findet Diplom-Biologe Roman Kolar von der Akademie für Tierschutz besonders schlimm: «Der Staat müsste selber prüfen, wie seine Ressourcen umgesetzt werden.»

Denn wie der Bund der Steuerzahler in Bayern (BdSt) empört feststellt: «Das ist eine Verschwendung vieler Millionen Steuergelder!», so Michael Jäger vom BdSt. Die Tierexperimente würden durch die fast ausschliesslich mit Steuergeldern finanzierte deutsche Forschungsgemeinschaft DFG gefördert. Gerade würden etwa wieder neue Tierversuchslabors in Bayern gebaut: eines in Würzburg für 31 Millionen Euro, eines in Erlangen für 25 Millionen Euro. Was der Bund der Steuerzahler vor allem kritisiert: Die Genehmigungsverfahren für Tierversuche seien eine viel zu leichte Hürde.

Diplom-Biologe Kolar: «In der Öffentlichkeit herrscht das Bild: Es werden doch nur die allernötigsten Tierversuche durchgeführt.» Denn jeder Forscher, der ein solches Experiment vorhat, müsse dies bei der zuständigen Behörde beantragen (in München bei der Regierung von Oberbayern). Diese werde von einer Ethik-Kommission beraten, in der auch Tierschützer sitzen. Und seit der Schutz der Tiere 2002 im Grundgesetz verankert ist, dürften eigentlich nur noch die notwendigsten Tierversuche durchgeführt werden - bestens kontrolliert vom Staat. Eigentlich!

Aber: «In der Ethik-Kommission sitzen Menschen, die selbst Tierversuche machen. Das ist ein Interessenskonflikt», so Kolar. Wenn ein Versuch erstmal genehmigt wurde, könnten Tierschützer dagegen rechtlich nicht vorgehen. Die Tierschützer fordern daher ein Verbandsklagerecht, die «Möglichkeit, rechtlich einzugreifen». Das grosse Ziel sollte sein: «Strenger kontrollieren, ob die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes eingehalten werden. Tierversuche und Genehmigungsverfahren müssen einer regelmässigen Qualitätskontrolle unterzogen werden.»

Quelle: tz, München vom 27.4.2006