Nur auf den ersten Blick scheint es zwischen Tierversuchen und Fleischkonsum keinen Zusammenhang zu geben. Bei genauerem Betrachten findet man jedoch viele Parallelen:
Die Tierversuche werden von einer finanzstarken und einflussreichen Lobby genauso gefördert wie der Fleischkonsum. Bei beiden werden mit der Angst die Menschen manipuliert: Bei Tierversuchen mit der Angst vor Krankheiten, für die es (noch) kein Medikament gibt, beim Fleischkonsum vor der Angst krank zu werden, wenn man kein Fleisch mehr isst (insbesondere in Bezug auf Kleinkinder).
Doch bei beiden Themen gibt es auch gut informierte Experten, welche dieser Angstpropaganda widersprechen und aufzeigen, dass weder der medizinische Fortschritt noch die menschliche Gesundheit unter einer Veränderung leiden würde.

Zivilisationskrankheiten

Doch der Zusammenhang ist noch stärker: Viele Tierversuche werden heute gemacht, um Heilmittel für Krankheiten zu finden, welche durch ungesunde (fleischzentrierte) Ernährung mitverursacht wurden. Ein Beispiel: Eine der grössten gesundheitlichen Herausforderungen der heutigen Zeit ist das krankhafte Übergewicht (Adipositas). Weltweit leiden heute bereits mehr Menschen an Übergewicht als an Unterernährung. Dabei ist allgemein bekannt, dass Vegetarier viel weniger unter Adipositas leiden als die übrige Bevölkerung (am wenigsten leiden Veganer darunter, die gar keine tierischen Produkte konsumieren). Aber auch Diabetes (Typ 2) und andere sogenannte Zivilisationskrankheiten sind unter Vegetariern seltener zu finden.
Anstatt einfach die Ursachen, den krankmachenden Lebensstil, zu korrigieren, werden heute immer mehr Tierversuche gemacht, um die Symptome zu unterdrücken. Eine «Schlankmacher-Pille» würde Milliardengewinne für ein Pharmaunternehmen bedeuten. Und die Behandlung des Diabetes ist schon heute ein Milliardengeschäft für die ganze Gesundheitsindustrie.

Ursachen erkennen, statt Symptome unterdrücken

Gerade bei der Bekämpfung von Zivilisationskrankheiten, die hauptsächlich durch den heutigen Lebensstil verursacht werden, können künstliche Tierversuche in den Labors keinen Weg zur Gesundheit zeigen, sie können aber von den eigentlichen Ursachen der Erkrankungen ablenken. Endlose Tierversuchsreihen werden nie zur Heilung auch nur einer dieser Zivilisationskrankheiten führen. Durch die starke Verbreitung dieser Krankheiten wird es aber ein Leichtes sein, auch in Zukunft genügend Angst davor zu verbreiten, um Gelder für weitere Tierversuche zu erhalten.
Ein wichtiger Schritt gegen Tierversuche ist deshalb, dass man sich über die Ursachen von Krankheiten informiert und seinen krankmachenden Lebensstil korrigiert. Natürlich gehören hierzu auch genügend Bewegung, gesunde Luft etc.
Doch die Ernährung ist hier ein zentraler Punkt. Immerhin ernähren sich fast alle von uns mehrmals täglich. Wir haben es also mehrmals täglich in der Hand, ob wir uns für eine gesunde, umwelt- und tierfreundliche Ernährung entscheiden oder für eine krankmachende Ernährung im Vertrauen, dass die Wissenschaftler mit noch mehr Tierversuchen irgendwann einmal eine Pille gegen alle daraus entstehenden Krankheitssymptome erfinden.
Unsere Gene und die Luft, die wir atmen, können wir kaum beeinflussen, unsere Ernährung liegt aber in unserer Hand.

Andere Mensch-Tier-Beziehung

Ein weiterer Zusammenhang zwischen der Ernährungsweise und der Einstellung zu Tierversuchen besteht in der Beziehung zum Tier: Solange man es akzeptiert, dass man Tiere ihr Leben lang einsperrt und anschliessend, noch kaum erwachsen, tötet, bloss um den Gaumen der Menschen zu befriedigen, wird es auch kaum möglich sein, die Tiere als leidensfähige Mitgeschöpfe zu achten. Doch ohne jegliche Achtung für die Tiere werden sie auch weiterhin blosse Arbeitsinstrumente in den Tierversuchslabors bleiben. In beiden Fällen also nur ein Mittel zum scheinbaren Nutzen des Menschen.
Personen, die es als richtig erachten, Tiere bloss zur Befriedigung des eigenen Gaumens zu töten und oft sogar lebenslang zu quälen, sind unglaubwürdig, wenn es darum geht zu beurteilen, ob Tierversuche sinnvoll sind. Denn wenn man sogar für solch einen niederen Grund wie die Lustbefriedigung bereit ist, das Leben der Tiere zu opfern, wie viel mehr müsste man dann bereit sein, die Tiere der Wissenschaft zu opfern (selbst wenn die meisten Tierversuche keinen wissenschaftlichen Fortschritt bringen)?
Es ist umstritten, wie hoch der medizinische Nutzen der Tierversuche ist. Es steht hingegen eindeutig fest, dass weder den Tieren noch den Menschen geholfen ist, wenn man seinen Gaumen mit dem Körper der getöteten Tiere befriedigt.

Selbstverantwortung

Natürlich gibt es zwischen Tierversuchen und Fleischkonsum auch Unterschiede. Der wohl zentralste ist, dass wir tagtäglich mit Nahrungsmitteln zu tun haben (bei jedem Essen) und uns somit jeden Tag für oder gegen den Fleischkonsum entscheiden können. Mit Tierversuchen befassen sich die allermeisten von uns nur theoretisch. Wir kommen kaum je in die Lage (aus beruflichen Gründen) einen Tierversuch selbst durchführen zu müssen. Deshalb ist es auch viel leichter, gegen Tierversuche zu sein als gegen den Fleischkonsum.
Beim Kampf gegen Tierversuche verlangt man von anderen Menschen bzw. Organisationen eine Verhaltensänderung. Beim Fleischkonsum muss diese Verhaltensänderung von uns selbst kommen. Dies ist immer schwerer.
Das heisst aber auch, dass man sofort etwas gegen den Fleischkonsum und seine Folgen tun kann, da wir uns jeden Tag für oder gegen den Konsum von toten Tieren entscheiden können. Bei den Tierversuchen sind wir auf die Gunst anderer angewiesen (Firmenleitungen, Wissenschaftler, Politiker). Obwohl sicher beides wichtige Anliegen sind, sollte man immer bereit sein, selbst seinen Beitrag zu leisten. Insbesondere wenn man auch von anderen eine Verhaltensänderung fordert.

Nach dieser Einführung in die Zusammenhänge der beiden Themen Tierversuche und Fleischkonsum wird in künftigen «Albatros»-Ausgaben genauer auf die weiteren Vorteile der vegetarischen Ernährung eingegangen.


Renato Pichler
Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus (SVV)
www.vegetarismus.ch