Standpunkt: Sackgasse Ethik
Es scheint, als ob unsere konsumorientierte Gesellschaft ganz gut ohne Ethik leben könnte. Denn wenn man sich vor allem unseren Umgang mit Tieren anschaut, so bietet sich ein Bild des Schreckens.Ethik ist «die Lehre vom sittlichen Wollen und Handeln des Menschen in verschiedenen Lebenssituationen. Normen und Maximen der Lebensführung, die sich aus der Verantwortung gegenüber anderen herleiten.» Jeder kann sich prinzipiell eine für ihn passende Ethik zurechtbasteln. Also auch der Tierexperimentator, der von seinen Normen und Maximen überzeugt ist und diese gutheisst. Schliesslich gibt es ja kein Richtig oder Falsch, nur ein unterschiedliches Empfinden. Als ethisch gilt für viele Menschen auch ganz einfach das, was die Mehrheit macht. Und auch das ist von Kulturraum zu Kulturraum unterschiedlich.
Auch bei der Verantwortung gegenüber anderen ist es so, dass jeder für sich definieren kann, wer «die anderen» für ihn sind. Sei es, dass sich das auf das eigene Geschlecht, die eigene Rasse, die eigene Spezies oder irgendeinen anderen einengenden Kreis beschränkt. Doch allein die Tatsache, dass es beispielsweise nicht selbstverständlich ist, dass alle Konsumgüter aus der südlichen Hemisphäre aus Fair Trade stammen, zeigt, dass es nicht weit her sein kann mit unserer Verantwortung gegenüber anderen. Es scheint nämlich so, dass diese spätestens beim Öffnen unseres Geldbeutels verschwindet. Durch unser Konsumverhalten zeigen wir, ob wir uns dieser Verantwortung gegenüber anderen bewusst sind oder nicht. Für eine Mehrheit gilt aber: «Hey, es muss einfach billig sein, egal wie!» oder, wie es in der Werbung heisst: «Geiz ist geil.» Solange wir nicht weiter als bis zu unserem Geldbeutel denken, wird sich nichts ändern an der Ausbeutung von Mitmenschen. Seien wir realistisch: Der Sklavenhandel existiert noch immer, nur anders! Und unseren Wohlstand haben wir auf dem Buckel anderer aufgebaut.
Doch wenn wir schon sehr oft gegenüber den anderen nicht verantwortungsvoll handeln, wie sieht es dann erst gegenüber unseren Mitgeschöpfen aus? Wie sehen die Normen und Maximen der Ethik in unserer Verantwortung gegenüber den Tieren aus? Sind nicht schon alleine Wörter wie «Tierversuch» oder «Nutztier» eine schallende Ethik-Ohrfeige? Wenn wir uns unserer Verantwortung gegenüber Tieren bewusst würden, wären wir alle Vegetarier oder sogar Veganer, oder?
Doch hier hört für die meisten ihre Verantwortung gegenüber anderen, in diesem Fall gegenüber Tieren, auf. Bis an meinen Tellerrand, aber nicht weiter! Gilt die Tierethik gar nur für die Haustiere, und alle anderen bleiben aussen vor? Nur, all diese Kategorisierungen wie Nutz-, Haus-, Zirkus- und Versuchstiere sind ja nicht biologisch begründet, sondern willkürlich. So kann ein Hase in jede dieser Kategorien gesteckt werden.
Und wieder haben wir das Problem, dass sich ja jeder seine eigene Ethik gegenüber Tieren zurechtlegen kann. Für zu viele gilt das Prinzip «Aus den Augen, aus der Ethik». Wir Menschen sind lieb zu unseren Haustieren, wollen nur das Beste für Bello und Co., und damit hat sich’s. Dass die gleichen «Haustiere» für Tierversuche missbraucht werden, ist für die meisten ausserhalb ihres Blickfeldes und somit auch ihrer Tierethik. So oberflächlich und scheinheilig sind wir Menschen, leider!
Glücklicherweise nicht alle. Es gibt Menschen, die ein grösseres Bewusstsein entwickeln und ihr sittliches Wollen und Handeln und ihre Verantwortung gegenüber anderen ausweiten. Und zwar auf Menschen, die in der südlichen Hemisphäre für uns produzieren, und auch auf Tiere, auf alle Tiere! Diese Menschen, zu denen ich auch Sie als Unterstützer der AG STG zähle, wollen nicht länger die alles zerstörende Krone der Schöpfung sein, sondern wieder ein integrierter Teil davon – in Harmonie mit der Natur und unseren Mitgeschöpfen. Zurück zu einer Ethik der Liebe und des Mitgefühls.
«Frieden wird in den Herzen der Menschen wohnen, wenn sie die Einheit mit dem Universum erkennen.»
Black Elk, Lakota Medicine Man
Achim-David Z'Brun
kritischer Zeitgenosse und Friedensaktivist