Wie eine Medizinstudentin die Tierversuche an Affen an der Uni Fribourg sieht

die Tierversuche an Affen an der Uni Fribourg sieht

Untenstehend haben Sie die seltene Gelegenheit, die Tierversuche an Affen an der Universität Fribourg mit den Augen einer jungen Medizinstudentin zu sehen.
Menschen besitzen eine natürliche Abscheu vor Tierversuchen. Im Verlaufe des Medizinstudiums werden die Studenten langsam an Tierversuche gewöhnt, bis sie diese oft nahezu emotionslos ansehen oder durchführen können. Glücklicherweise gelingt dies nicht immer.

Mein Praktikumstag «Affenversuche»

Schon am Eingang kam uns ein beissender Geruch entgegen, und man fühlte sich wie in einem Stall. Ein Stockwerk weiter unten sassen wir fast täglich im Hörsaal, und hier waren sie nun, die Affen.

Angefangen hat unser Praktikumstag mit einer Gruppenbildung und dem gemeinsamen Lesen und Besprechen von Rouillers Forschungsarbeit über Parkinson an Makaken.
Zu diesem Versuch mussten wir uns Pro und Contras überlegen. Danach gingen wir in den zweiten Stock des Physiologiegebäudes, um uns die Affen anzuschauen. Unser Assistent erklärte uns, dass jeder Affe täglich gewogen wird, um sein Gewicht zu überwachen, da man «mit einem kranken oder zu leichten Affen nicht arbeiten kann». Diese Waage steht nahe dem Eingang, in einem kleinen Flur, von welchem man, einige Meter später, zu den Zimmern mit den Affen kommt. Es hat vier Innengehege. Zwei mit laut Angaben des Assistenten 25 m3 und laut Rouiller 45 m3, und zwei kleinere. In den grösseren gab es je ca. fünf, in einem kleinen einen und im anderen zwei Affen. In den Zimmern, welche alle eine Glastüre besassen, gab es einige Käfige auf Rollen, ein paar Regale an den Wänden und mehrere Gegenstände, die von den Decken hingen, wie unter anderem ein Seil, eine Strickleiter oder ein dicker Baumstamm. Aber kein einziges grünes Blatt. Kein Stroh. Kein Heu. Nackter Boden. Kein Fenster. Die Affen sassen am Boden oder auf den Regalen, lausten sich oder sahen uns an. Keiner spielte. Einige kamen an die Türe und schauten uns mit grossen Augen an, trat man näher, wichen sie zurück, setzten sich steif neben der Türe hin und schienen auf etwas zu warten.

Makaken leben in Gruppen von 10 bis zu 100 Tieren

Da alle Türen auf den kleinen Nebengang wiesen, konnte man von dort in alle Zimmer sehen. Im Zimmer hinter dem Assistenten war das Zimmer mit zwei Affen, welche ununterbrochen versuchten, (hinter der Türe) an dem Assistenten hochzuspringen, ihn zu beissen oder einfach nur anzufauchen. Sie zeigten ihre grossen, spitzen Zähne und fauchten ihn richtig an. Das taten sie aber nur, «weil ich nicht mit ihnen arbeite», wie uns der Assistent versicherte. Er arbeite mit dem Männchen im Einzelzimmer und möchte uns durch ein Klopfen an die Türe zeigen, wen er meint, dieser bäumt sich auch augenblicklich auf, faucht zurück und geht in eine andere Ecke. Auf seinem Schädel ist ein etwa 5 mal 5 cm grosses Loch, durch welches das Gehirn («mit der Dura!» Zitat Rouiller) absteht. «Wir haben ihm eine Läsion des rechten Armes herbeigeführt», er könne aber immer noch «klettern und sich bewegen». Die anderen Affen haben eine grosse Schraube, welche ihnen aus dem Schädel schaut, und hie und da ein rasiertes Bein oder einen rasierten Arm. Später erfahre ich, dass man an den Armen Elektroden auf die einzelnen Muskeln implantierte, um zu überwachen, auf welche Muskeln ihre Läsionsexperimente Einfluss nehmen.

Makaken haben eine Vielzahl von Lauten, um zu kommunizierenHinter uns sind kleine Karren zu sehen, welche oben ein Loch aufweisen, in diese werden, wie uns der Assistent sagt, die Affen gesetzt (mit fixiertem Kopf), um sie zu den Versuchen zu fahren. Alles freiwillig, wie er auf Nachfragen einer Kollegin beteuert. Diese Karren sehen aus wie in einem Gruselfilm über Tierversuche, und ich muss eine Träne unterdrücken beim Gedanken, dass es nicht Angstmacherei, sondern REALITÄT ist, zumindest hier. Auf einer Ablage liegen Gemüse- und Obstreste. Ich frage, wann man sie füttert. «Nach den Experimenten, welche die Affen einmal am Tag für 30 Minuten durchführen.» «Wasser ist immer zur Verfügung in den Zimmern.» Ich schaue genau hin und suche, jedoch finde ich keinen solchen Wasserzufluss. Auch mein Kollege kann keinen entdecken.

Dann geht es in den Aussenbereich, vorbei an der Krankenstation, welche aus einem kleinen Zimmer mit noch kleineren Käfigen aus Metall und Gittern besteht. Ein Käfig misst etwa einen auf einen Meter. Maximal. Affen sehe ich aber keine darin. Draussen hat es vier Gehege. In einem ist ein Affe, der sich kaum bewegt. In einer Ecke ist eine grosse Lache mit flüssigem Kot und Urin. In den anderen sitzt je ein Affe. Als ich den Assistenten nochmals wegen dem Wasser frage und ob er sie mir zeigen kann, sagt er: «Die sind nur innen.»  Im selben Augenblick hebt der Affe die Hand, der Assistent bückt sich und macht einen Schritt zurück, passieren tut nichts, er lacht verlegen. Wir gehen wieder rein.
Er versichert, dass die Affen nur aggressiv wären, wenn es ihnen nicht gut geht. Ich muss an die Attacken hinter der Türe denken. Aha.

Dann dürfen wir noch Fragen stellen. Was passiert mit den Affen nach den Versuchen, ist die erste Frage, nach langem Schweigen. Man würde sie «opfern». «Also töten?» «Man muss das Gehirn sezieren, um zu sehen, was passiert ist, deswegen werden sie geopfert.» Zudem sei es «sehr teuer, sie danach noch zu versorgen, aber man braucht dieselben Affen oft für mehrere Versuchsfragen nacheinander, bis man sie nicht mehr BENÜTZEN  kann». Dann werden sie also geopfert. Mhm.Makaken sind Allesfresser. Am liebsten haben sie aber pflanzliches Material und Früchte
Wo die Experimente gemacht werden, wird nicht gezeigt, ich sehe lediglich, hinter einer halboffenen Türe, einen mit schwarzen Tüchern verdunkelten Schreibtisch mit einem stuhlähnlichen Gebilde davor, welches mit vielen Befestigungsstreifen ausgestattet ist.
Dann versichert er uns noch, dass er eine «sehr enge Beziehung zu den Affen habe und jahrelang dieselben benützt». Auf meinen Hinweis, dass in Rouillers Statistik selbst von ca. 8 Euthanasien im Jahr die Rede ist, sagt er nur: «Nein, wir haben dieselben 17 seit Jahren.» Dann ist er auch schon weg. Und wir gehen zur Besprechung mit Herrn Rouiller in den grossen Saal. Dort sollen wir die Güterabwägung erläutern und Fragen stellen.
Vor mir sitzen drei Assistentinnen, eine hat ihren kleinen Hund dabei, welchen sie auf den Schoss nimmt und alle paar Minuten küsst.

Es wird gefragt, warum man am Affen forscht. «Das muss man, bevor man es am Menschen versuchen kann.» Er erzählt uns, dass er im engen Kontakt mit der Uni Zürich und anderen Forschern, welche mit Affen forschen, stehe und sich austausche. Ihm liegt es am Herzen zu sagen, dass die Katzen in der Schweiz jährlich viel mehr Nager töten, nur um zu essen, als man in den Tierversuchen tötet. Zudem sei die Zahl von Tierversuchen gesunken in den letzten Jahren und Versuche der Gesetzesänderung für den Tierschutz und gegen die Tierversuche seien gescheitert, was zeige, dass die Schweizer hinter den Versuchen stehen. Zudem seien Tierversuchsgegner sehr aggressiv.
Auf die Bemerkung, dass die Affenversuche an der Universität Zürich doch verboten wurden, schaut der Leiter des Nachmittages erst einmal verdutzt und irritiert. «Nein, nein, die gibt es noch.» Rouiller antwortet dann sichtlich verlegen, dass es die «im Moment nicht mehr gibt, aber zwei Affen von ihm, welche er durch die neuen Bedingungen der Haltung übrig hatte, nun dort gehalten werden, bis man eine neue Erlaubnis hat.» Diese sei aber sehr mühsam zu bekommen.

Spielerisch lernen die jungen Makaken alles, was für sie im Leben wichtig istOb die Affen in Familien gehalten werden, da er erwähnte, wie sozial die Tiere seien. «Ja, sie sind in Gruppen.» «Von derselben Familie?» «Sie sind aus einer Institution, die die Affen züchtet, also kennen sich schon einige von früher, und nun sind sie in denselben Gruppen.» (Konkret: Nein, nicht eine Familie.)
Was macht man, wenn man sie operiert hat, wollen sie nicht an den Wunden lecken oder diese befingern? «Sie gewöhnen sich schnell daran und akzeptieren die Metallplatten schnell.» «Kratzen sie denn nicht?» «Eigentlich nicht.» Na gut, da muss man wohl konkreter werden, um eine richtige Antwort zu erhalten. «Werden sie also nicht in Zwangsjacken gesteckt?» «Diese setzen wir nur selten ein, je weniger, desto besser.» Also doch.
Ob sich die Affen gut untereinander verstehen? «Manchmal kommt man am Morgen, und sie haben sich verletzt und gekämpft. Das ist aber, wenn, dann immer nach dem Wochenende.» (Er lacht.)
Ob das nicht gefährlich sei mit dem offenen Gehirn? «Nein, das ist nicht offen!! Die Dura ist noch daran, das ist ganz wichtig, die Dura bleibt daran.»

Ich gehe traurig, geschockt und wütend nach Hause.
Ich dachte nicht, dass es wirklich so schlimm ist. Dass sie in solch trostlosen, kleinen Gehegen sitzen. Mit offenem Gehirn, Schrauben aus dem Schädel und rasierten Körperteilen. Ohne ein grünes Blättchen, ohne für mich sichtbares Trinken, fauchend, schreiend. Ihre Blicke wirkten traurig und leer. Ängstlich.

Auch die Argumentation seitens Herrn Rouillers macht mich traurig. Er weicht aus, zeigt sich offen und nachdenklich, doch seine Art zu sprechen, wie er immer wieder über die Affen lacht, darüber, dass sie sich verletzen, zum Beispiel, zeigt eine ganz andere Seite. Eine Seite, die man nur sieht, wenn man seine Sinne ganz fest öffnet oder an diesem Tag vor gut zwei Jahren aufmerksam am Praktikum teilgenommen hat.

 

autor Ich heisse F.L. und studiere Humanmedizin in Bern, meinen Bachelor habe ich jedoch in Fribourg absolviert. Während des Bachelors war es für uns Medizinstudenten vorgesehen, dass wir einen Tag lang die Affenversuche von Herrn Rouiller an der Universität Fribourg anschauen, unsere Meinungen darüber diskutieren und eine Güterabwägung für eines seiner Forschungsthemen vornehmen.

Die Bilder und Emotionen haben sich tief in mein Bewusstsein gemeisselt und lassen mich bis heute nicht los. Aus Tagebucheinträgen, welche direkt nach dem oben genannten Tag entstanden sind, habe ich die oben stehenden Zitate genommen und meine Erinnerungen aufgefrischt.

 

Die AG STG im Einsatz für die Tiere

Die AG STG engagiert sich seit Jahren mit Informationsständen, Demonstrationen, Petitionen, Protestkarten und weiteren Aktionen gegen die Affenversuche an der Universität Fribourg.

Keine Mäuse für Tierversuche - AG STG Protestkarte Zusammen gegen Tierversuche (ZuGeTiVe) an einer Demonstration in Fribourg
AG STG - Petitionsübergabe: Schluss mit der illegalen Tierversuchs-Kommission in Fribourg AG STG Infostand in Fribourg gegen die Affenversuche von Rouiller

 


Erstellungsdatum: 01.06.2015
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