Anti-Tierversuchsdemo vom 25. April 2015 in Zürich - Rede des Geschäftsführers der AG STG
Als wir vor der Universität Zürich Flyer gegen die neuen Affenversuche verteilten, habe ich mit fast jedem Anwesenden des Neurologischen Instituts der Universität und der ETH Zürich gesprochen. Ihre Antworten, weshalb sie diese Versuche machen wollen, waren fast durchs Band dieselben: Ich will es wissen! – Also die Befriedigung der Neugier … Ungelogen! Die waren echt ehrlich zu mir.
Ich habe mir das Ganze dann mal von einer anwesenden Tierexperimentatorin der Neurologie erklären lassen, damit auch ich verstehe, was diese Forschung konkret bringen soll. Damit keine Missverständnisse entstehen und die Problematik der Grundlagenforschung in Zukunft nicht falsch wiedergegeben wird, hier ihre Erklärung in Kurzform:
Es ist so: Vielleicht ist dieses Experiment in ein paar Jahrzehnten ein Baustein eines weiteren Projektes, mit dem man vielleicht irgendwann in der Zukunft einen Ablauf im Gehirn besser verstehen kann. Ebenfalls vielleicht wird man damit versuchen können, eine Krankheit besser zu verstehen oder – mit etwas Glück – gar halbwegs erklären. Und vielleicht wird dieses Wissen sogar einen Nutzen haben, um ein Mittel oder eine Therapie gegen die beim Tier ausgelöste Krankheit zu entwickeln, und wenn wir sehr viel Glück haben, wird dies vielleicht sogar auch auf Menschen übertragbar sein … vielleicht … und irgendwo stand noch – war es ein Flyer von der Uni? Oder ein Brief vom Rektor? –, dass man mit diesen drei Affenversuchen mehrere hundert Millionen kranker Menschen heilen könne…
Liebe Tierfreundinnen, liebe Tierfreunde
Ich frage: Wollen wir Tierversuche, oder wollen wir medizinischen Fortschritt? Bis zu 96 % aller Tierversuchsergebnisse sind laut offiziell anerkannten Zahlen nicht auf den Menschen übertragbar – also nutzlos bis gefährlich. Somit bleiben nur 4 % aller Tierversuchsergebnisse, die bei den mit demselben Wirkstoff darauf folgenden Menschenversuchen dasselbe Resultat liefern.
4 % sind kein Erfolg. 4 % bedeutet, dass nur bei jedem 25. Menschenversuch die gleichen Ergebnisse erzielt werden wie beim vorangehenden Tierversuch. Dies bedeutet, dass bei 24 von 25 Menschenversuchen die Testpersonen von Glück sprechen können, wenn sie keine massiven irreparablen Schädigungen erlitten haben. Jeder 25. Versuch ein Treffer, das ist das Gesetz des Zufalls. Ich habe noch von keiner Autofirma gehört, dass sie jubelt, weil bei jedem 25. Auto, das sie produziert, die Bremsen funktionieren. Und auch nicht von einem Elektrohersteller, dass er jubelt, weil von 25 seiner Geräte nur 24 einen Kurzschluss und einen daraus entstandenen Wohnungsbrand verursacht haben. Ja. Das wäre totaler Blödsinn – aber lachen Sie nicht, denn genau so läuft es in der medizinisch- wissenschaftlichen Forschung.
Dies kann man nicht so einfach miteinander vergleichen? Medizinische Forschung ist komplexer, und einen Durchbruch muss man eher mit einem Sechser im Lotto vergleichen? Vielleicht ja. Die 4 % bedeuten ja auch schlicht nur, dass bei den Versuchen an Menschen in etwa die gleichen – oft trotzdem nicht nutzbaren – Ergebnisse erzielt wurden. Für einen Sechser im Lotto muss man grob geschätzt fünf Millionen Spiele machen. Jedoch nicht mal mit fünf Millionen Tierversuchen wird ein wirklicher Durchbruch in der Medizin erreicht. Sonst würden aus den weltweit jährlich ca. 120 Millionen Tierversuchen jedes Jahr 24 grosse Durchbrüche erzielt werden. Wenn dem so wäre, dann wären alle grossen Krankheiten längst heilbar.
Die effektive Erfolgsquote in der tierversuchsbasierten Medizinforschung liegt vielleicht bei 0,0000000…1 %.
Die Entdeckung von potentiellen Wirkstoffen passiert meist in der klinischen Forschung und Beobachtung von Krankheiten sowie in den immer zahlreicher werdenden innovativen tierversuchsfreien Forschungsmethoden. Überhaupt werden die ersten Tests auf der Suche nach Medikamenten heutzutage standardmässig mit tierversuchsfreien Forschungsmethoden gemacht.
Auch der Zufall spielt eine wesentliche Rolle bei der Entdeckung von Medikamenten. Ein Beispiel? Praktisch jeder Herzinfarktpatient erhält lebenslänglich Aspirin Cardio verschrieben. Aspirin war jedoch ursprünglich nur ein leichtes Schmerz- und Fiebermittel. Die Blutverdünnung ist eine teils lebensgefährliche Nebenwirkung, die bei Patienten nach der Mandeloperation aufgefallen war, weil bei ihnen die Blutungen einfach kaum mehr aufhörten. Dadurch ist man dann auf die Idee gekommen, dass diese Nebenwirkung bei Herzpatienten eine positive Wirkung haben kann – und so entstand rein durch Zufall ein neuer, gewinnträchtiger Geschäftszweig.
Ein weiteres Beispiel ist Viagra. Es wurde zuerst gegen Bluthochdruck entwickelt. Wegen Erfolglosigkeit versuchte man es dann bei Angina Pectoris einzusetzen. Die Probanden bei den ersten Menschenversuchen waren von dem Testmedikament hellauf begeistert und wollten mehr davon. Nicht weil es bei Angina Pectoris half, sondern weil sie – Sie wissen schon :-). So fand man aus reinem Zufall eine Wirkung, die aus Viagra ein Milliardengeschäft machte.
Man kann durchwegs sagen, dass in neuerer Zeit kaum ein einziger Wirkstoff auf dieser Welt dank Tierversuchen entdeckt wurde. Im Gegenteil: Man muss sagen, dass trotz Tierversuchen neue Wirkstoffe entdeckt wurden. Praktisch alle Entdeckungen wurden und werden vor dem Tierversuch gemacht. Tierversuche werden in fast allen Fällen erst danach aus gesetzlichen Gründen einfach nachgeschoben.
Und die seltenen Zufallserfolge hätte man mit anderen Forschungsmethoden ebenfalls erreicht. Auch die sehr frühen Erkenntnisse, als man einfach alles im Tierversuch ausprobierte und dadurch einige Erkenntnisse gewinnen konnte, lasse ich nicht gelten. Denn zum einen gab es damals noch keine Alternativen sowie keine ungefährlichen Methoden, um an Menschen zu forschen, und zum anderen sind das Erkenntnisse, die man nun schon seit langem spielend mit tierfreien Methoden herausfinden kann. Es hätte einfach vielleicht manchmal etwas länger gedauert – jedoch der heutige Wissensstand wäre genauso gross – bzw., da weniger Irrtümer ausgeräumt werden müssten, wohl viel grösser.
Jedes Jahr werden Dutzende von angeblich sicheren Medikamenten infolge gravierender Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen. Und es gab auch schon einige Katastrophen. Dabei denke ich z. B. an Contergan, ein ausführlich im Tierversuch getestetes Medikament, das zur Geburt von über 10 000 schwerbehinderten Kindern führte, oder auch an Vioxx, an dessen Nebenwirkungen bis zu 140 000 Patienten starben. Und ebenso auch z.B. an Asbest und Zigaretten, die jahre-, ja jahrzehntelang, weil man es im Tierversuch nicht beweisen konnte, als ungefährlich galten, jedoch, wie wir heute wissen, Tausende von Menschen töteten – und weiterhin töten.
Wägt man nun die paar Vorteile gegen die vielen Nachteile ab, dann bleibt nur eine Zahl übrig, wie viele medizinische Erfolge wir den Tierversuchen zu verdanken haben. Und diese Zahl ist eine Null. Tierversuche sind einfach nur nutzlos, gefährlich und grausam! Deshalb meine berechtigte Frage: Wollen wir Tierversuche, oder wollen wir medizinischen Fortschritt?
Die Tierversuchsfreunde versuchen uns immer wieder in die Ecke zu drängen und behaupten frech, wir seien gegen medizinischen Fortschritt. Dass dem nicht so ist, haben wir Tierversuchsgegner nun schon viele Male dargelegt und bewiesen. Und obwohl sie selbst mehr oder weniger wissen, dass die meisten Entdeckungen nicht dem Tierversuch zu verdanken sind, hören wir oft das Argument, dass Tierversuchsgegner keine Medizin benutzen dürften.
An die Tierversuchsfreunde: Ich lasse mich gerne auf eure Forderung ein. Aber zuerst müssen wir die Forderung richtig formulieren. Tierversuchsgegner müssten auf Medizin verzichten, deren entscheidende Erkenntnis/Entdeckung im Tierversuch gemacht wurde! Denn dann sieht das Ganze vollkommen anders aus.
Nochmals. Für alle Tierversuchsfreunde zum Mitschreiben: Wie ist das heutige medizinische Grundwissen entstanden?
Bereits die frühen Menschen lernten sehr viel über die Natur und die Wirkungen von Pflanzen. Viel Wissen erlangten sie durch das Beobachten von Tieren – wohlgemerkt: von lebenden Tieren in ihrer natürlichen Umgebung! Z.B. welche Beeren ass jene Tierart, wenn sie Schmerzen hatte, oder welche Blätter kaute eine andere Tierart, wenn sie Durchfall oder Fieber hatte. Die Menschen probierten das dann einfach auch aus. Nicht selten ging das schief (da Menschen und Tiere oft anders reagieren), aber wenn etwas geklappt hatte, dann wurde dies zum quasi medizinischen Grundwissen und wurde über Generationen und später Kontinente immer weiter verbreitet. Viele der medizinischen Fortschritte bauten und bauen auf diesem Grundwissen auf.
Hingegen ist die Geschichte des quälerischen Forschens an Tieren die Geschichte der Irrtümer in der Medizin. Auch wenn einige Thesen belegt werden konnten und man sogar einiges entdeckte: die Einführung von Versuchen an Tieren führte vor allem zu äusserst vielen Falschthesen. Der Nachlass, den die Vivisektoren zukünftigen Generationen hinterlassen, ist eine Unmenge an Irrtümern, deren Widerlegung noch Jahrzehnte erfordern wird.
Bereits im 3. Jahrhundert vor Christus wurden in Alexandria durch das Erlauben der Forschung an Leichen viele Irrtümer über die Anatomie des Menschen ausgeräumt. Irrtümer, die davor geglaubt wurden, weil man das Wissen aus der Forschung an Tieren hatte. Welche Irrtümer das sind, entzieht sich leider meiner Kenntnis – dachte man vielleicht, der Mensch hätte wie die Kuh vier Mägen? Oder drei Herzen, wie Tintenfische sie haben? Tatsächlich gab es Zeiten, wo Mediziner das glaubten.
Es gibt immer mehr medizinhistorische Richtigstellungen, die aufzeigen, dass wesentliche medizinische Entdeckungen von Klinikern gemacht wurden. Erst danach wurden die Experimente im Tierversuchslabor nachgestellt, die Ergebnisse veröffentlicht und dafür Anerkennung bis hin zum Nobelpreis erschlichen.
Die Liste der tatsächlichen Erfolge, die ohne Tierversuche bis heute nicht erreicht worden wären, wird auf einem A4-Blatt mehr als genügend Platz haben. Und diese paar Entdeckungen hätte man heutzutage – mit einer konsequenten Förderung der klinischen Forschung sowie von innovativen, tierversuchsfreien Forschungsmethoden – längst ebenfalls gemacht.
Und auch wenn ein paar wenige Errungenschaften heutzutage mit anderen Mitteln noch nicht erreicht worden wären – rechtfertigt das die unsägliche Grausamkeit der jährlich weltweit geschätzten 120 Millionen Tierversuche? – Niemals!
Also, ihr Tierversuchsfreunde. Zurück zu eurer Forderung: Obwohl die Nutzung bereits entwickelter Medikamente den Tieren nicht mehr schadet – bzw. ich leider die Tierversuche, die bereits gemacht wurden, nicht rückgängig machen kann –, lasse ich mich gerne darauf ein, dass ich keine der medizinischen Entdeckungen, die ohne Tierversuche niemals gemacht worden wären, benutzen werde. Dafür erwarte ich von euch, dass ihr auf die vielen segensreichen medizinischen Errungenschaften – die nicht im Tierversuch entdeckt wurden – verzichtet. Ist das ein Deal? Abgemacht?
Würden wir geschätzte 400 Leute heute Unterschriften für eine Initiative gegen die Affenversuche der Universität und der ETH Zürich sammeln, und jeder von uns würde nur 3 Stunden lang sammeln, dann hätten wir vermutlich in dieser kurzen Zeit bereits die benötigten 6000 Unterschriften zusammen. Das wäre etwas, was wir mal machen sollten. Dies ist Macht. Dies ist unsere Macht. Die haben wir auch schon öfters gezeigt und einige Erfolge erreicht!
Zeigen wir auch heute wieder die geballte Macht des Volkes und machen mit einer lautstarken Demonstration ein weiteres Mal auf das grausame und nutzlose Leid der Tiere in den Folterkammern einer Pseudowissenschaft aufmerksam.
Kämpfen wir für die, die sich nicht selbst wehren können. Kämpfen wir für jedes gequälte und ermordete Tier!
Für die Abschaffung aller Tierversuche!
Erstellungsdatum: 26.08.2015
Bildquellen: Eveline Honegger (www.naturmystik.ch), Pamela Mombelli