Im Folgenden versuche ich einige oft gestellte Fragen zum  Bewilligungsverfahren von Tierversuchen zu beantworten.
(Eine ausführliche Beantwortung sowie weitere Fragen - Antworten finden Sie im Menü unter: Fragen Tierversuche)

Wie reicht man ein Gesuch für Tierversuche ein?

Wer Tierversuche durchführen will, hat dies der kantonalen Behörde (dies ist meistens das kantonale Veterinäramt) mitzuteilen.
Zum Einreichen eines Gesuchs kann das vom Bundesamt vorgefertigte Formular «Gesuch für Tierversuche» direkt unter der Homepage des BVET verwendet werden.

Wer entscheidet über die Bewilligung dieses Gesuchs?

Die Entscheidungsgewalt liegt rein bei der kantonalen Behörde. Die Entscheidung wird normalerweise vom zuständigen Kantonstierarzt gefällt.
Die Annahmequote dabei ist sehr hoch. Durchschnittlich werden in der Schweiz pro Jahr gerade mal 7 Gesuche abgelehnt.
Das BVET hat die Möglichkeit, einen Rekurs einzulegen. Dies wird aber in der Praxis kaum gemacht, da es mit hohen Kosten verbunden ist und somit das Experiment möglicherweise hinausgeschoben werden müsste.
Auch hat die Kommission für Tierversuche (siehe dazu sep. Kasten und Pressemitteilung in diesem Heft) bei Verletzungen des TSchG ein Rekursrecht. Dies wurde jetzt im Januar 2007 erstmals gegen Versuche an der Uni Zürich benutzt. Die Versuche wurden gestoppt. Zumindest bis die zuständige Instanz (die Gesundheitsdirektion) den Fall beurteilt hat.

Sind alle Tierversuche bewilligungspflichtig?

Nein. Nicht bewilligungspflichtige Tierversuche sind Versuche, «in denen die Tiere nicht belastet werden» (Art. 13 TSchG). Der zahlenmässig wichtigste Teil davon ist das Töten von Tieren ohne vorangehende Behandlung für Organ- oder Gewebeentnahme. Ausserdem gehören Verhaltensbeobachtungen oder Fütterungsversuche unter Praxisbedingungen ohne Mangeldiät dazu.
Solche Versuche sind der kantonalen Behörde nur zu melden, unterliegen aber nicht den Kriterien der Unerlässlichkeit (Art. 13a, 13 TSchG).

Sind Tierversuche gesetzlich vorgeschrieben?

Nur 25 % der im Jahre 2005 in der Schweiz durchgeführten Tierversuche waren gesetzlich vorgeschrieben. Diese Tierversuche betreffen hauptsächlich toxikologische Abklärungen von  Substanzen sowie die Unbedenklichkeitsprüfungen von Medikamenten.

Gibt es eine Möglichkeit zu erfahren, für welche Versuche Bewilligungen erteilt wurden, und kann man dagegen rechtlich vorgehen?

Nein. Sämtliche Informationen betreffs Tierversuche sind streng geheim und werden wenn überhaupt erst nach Abschluss des Versuchs vom Versuchsleiter veröffentlicht.
Die einzigen, die über geplante Tierversuche informiert werden, sind die zuständige Behörde sowie allenfalls die Kommission für Tierversuche.
Es gibt diesbezüglich keine Informationspflicht und keine griffigen Rechtsmittel.
Die einzige Möglichkeit besteht wohl darin, Informationen zu aktuellen Versuchen zu erhalten, die vom SNF (Schweizerischen Nationalfonds) unterstützt werden.

Woher stammen die Versuchstiere?

Dabei wird in drei Kategorien unterteilt:

aus früherem Tierversuch übernommen
aus einer anerkannten Versuchstierzucht oder -handlung
andere Herkunft
Beispiele für andere Herkunft: Landwirtschaftsbetrieb, Tiere aus einer Feldstudie, Wildfang, Tierhändler, aus einem nicht anerkannten Versuchstierzuchtbetrieb usw.


Maximal erwarteter Schweregrad?

Der Versuchsleiter muss einschätzen, wie schwer die Tiere in seinen Versuchen belastet werden. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Belastung für die Versuchstiere von den Experimentatoren als geringer eingeschätzt wird, als sie effektiv ist. In folgende Kategorien wird unterteilt:

Keine Belastung: Schweregrad 0

Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, durch die den Tieren keine Schmerzen, Leiden oder Schäden oder schwere Angst zugefügt werden und die ihr Allgemeinbefinden nicht erheblich beeinträchtigen.
Tierversuche mit Schweregrad 0 werden als nicht bewilligungspflichtige Versuche eingeteilt. Solche Versuche sind nur meldepflichtig (vgl. Art. 62 Abs. 1 Tierschutzverordnung).

Leichte Belastung: Schweregrad 1

Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die eine leichte, kurzfristige Belastung (Schmerzen oder Schäden) bewirken.
Beispiele aus der tierärztlichen Praxis: Injizieren eines Arzneimittels unter Anwendung von Zwangsmassnahmen.

Mittlere Belastung: Schweregrad 2

Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die eine mittelgradige, kurzfristige oder eine leichte, mittel- bis langfristige Belastung (Schmerzen, Leiden oder Schäden, schwere Angst oder erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens) bewirken.

Schwere Belastung: Schweregrad 3
Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die eine schwere bis sehr schwere oder eine mittelgradige, mittel- bis langfristige Belastung (schwere Schmerzen, andauerndes Leiden oder schwere Schäden, schwere und andauernde Angst oder erhebliche und andauernde Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens) bewirken.
Beispiele aus der tierärztlichen Praxis: tödlich verlaufende Infektions- und Krebskrankheiten ohne vorzeitige Euthanasie.
 

Keine Tierversuche mehr für Reinigungsmittel, Kosmetika und Tabakerzeugnisse?

Die Endprodukte selbst werden schon seit Jahren nicht mehr in Tierversuchen getestet. Dies, so die Aussage von Herstellern, würde auch keinen Sinn machen, da ja jeder einzelne Inhaltstoff schon ausführlich getestet wird.
Nimmt man die offizielle Statistik des BVET, dann wurden in den letzten Jahren in der Schweiz keine Tierversuche in diesen Kategorien durchgeführt. Zu erwähnen aber ist, dass das BVET in seinen Richtlinien klar schreibt, dass Tierversuche für solche Produkte in der Regel abzulehnen seien. Da aber jeder neu entwickelte Inhaltstoff für ein solches Produkt im Tierversuch getestet werden muss,  kann man davon ausgehen, dass diese Aufträge allesamt unter anderem Deckmantel ausgeführt oder an ausländische Laboratorien vergeben werden. Denn welche Firma verzichtet schon freiwillig auf die Neuentwicklung von Inhaltstoffen für ihre Produkte? Wohin die Aufträge für diese Tierversuche vergeben werden und wer sie vergibt, ist leider nicht bekannt.

Wie sind die Haltungsbedingungen für Versuchstiere?

Diese Frage beantwortet die Ausfüllhilfe zum Gesuch: Müssen die Tierhaltebestimmungen eingehalten werden?
Wenn die «verbindlichen» Tierhaltebestimmungen der Tierschutzverordnung während des Versuchs nicht eingehalten werden, ist dies zu begründen.
Das ist wieder mal eine prima Gummiregelung! Anstatt auf die Einhaltung der minimalen Anforderungen zu bestehen, muss hier einfach nur kurz begründet werden, warum man den Tieren auch noch dieses letzte Recht versagt!

Gibt es Alternativen zu diesem Tierversuch?

Im Weiteren muss der Versuchsleiter selbst beurteilen, ob dieser Versuch nicht auch durch eine Alternative ersetzt werden könnte.
Die aus der Literatur UND gemäss eigener Erfahrung bekannten …
Bei der grossen Anzahl an Gesuchen muss man leider davon ausgehen, dass sich die bewilligenden Instanzen diesbezüglich vollkommen auf die Aussagen der Experimentatoren, die das Experiment durchführen wollen, verlassen.

Kommission für Tierversuche

Was sind die Kommissionen für Tierversuche EKfT und KfT?

Dies sind Fachkommissionen aus Vertretern der Wirtschaft, Forschern, Ärzten und Tierschützern. Es gibt die eidgenössische Kommission für Tierversuche (EKfT) sowie die kantonalen Kommissionen für Tierversuche (KfT).
Ihre Mitglieder sind verpflichtet, keine Informationen weiterzugeben. Es herrscht absolute Schweigepflicht gegenüber Aussenstehenden.
EKfT: Das Bundesamt für Veterinärwesen kann die Kommission bei allen Fragen betreffend Tierversuche, auch im Zusammenhang mit der Prüfung kantonaler Entscheide, beiziehen.
Auch können die Kantone die EKfT bei Entscheidungen befragen.
KfT: Jeweils in den Kantonen, in denen die Gesuche für Tierversuche eingehen, kann die jeweilige KfT zur Beratung hinzugezogen werden.

Wie setzt sich die (E)KfT zusammen?

Die eidgenössische Kommission setzt sich aus 9 Mitgliedern zusammen. 2 Mitglieder davon werden von Tierschützern gestellt.
Die kantonalen Kommissionen setzen sich unterschiedlich zusammen.

Wer wählt die Mitglieder der (E)KfT?

Die Mitglieder der eidgenössischen Kommission werden vom Bundesrat gewählt. Die Mitglieder der kantonalen Kommissionen von den jeweiligen Regierungsräten.

Für wie lange wird man in dieses Amt gewählt?

Die Mitglieder werden für jeweils 4 Jahre gewählt.

Muss die KfT für jedes Bewilligungsgesuch befragt werden?

Die kantonale Behörde reicht Gesuche, die eine Belastung für die Tiere bedeuten, zur Beurteilung an die jeweilige kantonale Kommission weiter.

Wie weit hat die (E)KfT Einfluss auf ein Bewilligungsgesuch für Tierversuche?

Diese Kommissionen haben nur empfehlenden Charakter. Sie können jedoch zu einem Gesuch genauere Informationen verlangen sowie auch Einschränkungen vorschlagen.
Sie haben eingeschränkt die Möglichkeit, Rekurs gegen eine Bewilligung einzureichen.

Hat die KfT Zutritt zu den Versuchslabors?

Eingeschränkt. In vielen Kantonen ist die KfT verpflichtet, einmal jährlich eine angemeldete Kontrolle in Betrieben, die Versuchstiere halten, sowie in Betrieben, die Tierversuche machen, durchzuführen.

Wie hoch ist das Budget dieser Kommissionen?

Sämtliche Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Sie erhalten nur eine Spesenentschädigung.


Andreas Item

Quellen: Diverse Berichte und Veröffentlichungen des Bundesamtes für Veterinärwesen