Waren Sie heute schon innovativ?
Wenn Sie Grossmutters Schokokuchen backen und dabei z.B. Vanillezucker anstatt frische Vanille nehmen, dann ist das etwas Neues und gilt somit als Innovation. – Dann waren Sie innovativ! Dazu Wikipedia: Innovation heisst wörtlich «Neuerung» oder «Erneuerung». Jede Weiterentwicklung einer Weiterentwicklung … einer Erfindung gilt somit als Innovation.
Das Wort Innovation ist absolut positiv besetzt und wird deshalb sehr gern verwendet. Beispiel Medikamente: Ob mit neuer Zusammensetzung altbewährter Wirkstoffe, bei einer neuen Darreichungsform (z.B. Tropfen anstatt Tabletten), bei Änderung der Inhaltsmenge eines Wirkstoffes oder beim Vermarkten einer neuen Verpackungsgrösse – all das wird bereits als Innovation bezeichnet. Dies ist marketingtechnisch raffiniert, denn die Magie des Wortes Innovation wirkt immer. Und es ist auch legitim, denn das Wort Innovation ist nicht an Verbesserung, sondern nur an Erneuerung geknüpft.
Jedes Jahr kommen von Schweizer Pharmakonzernen durchschnittlich 3 als neu anerkannte Medikamente auf den Markt.[1] Weltweit sind es im Durchschnitt der letzten 10 Jahre jährlich 33 neue Medikamente.[1] Das sind die offiziellen Zahlen. Laut einer Untersuchung des Arznei-Telegramms sind von den 400 Wirksubstanzen, die zwischen 1990 und 2005 neu erforscht wurden, lediglich 7 eine echte Neuerung.
Natürlich kommen jedes Jahr viel mehr «neue» Medikamente auf den Markt, und für all diese wurden wieder Tausende Tierversuche gemacht. Keines dieser Medikamente ist jedoch auch nur halbwegs etwas wirklich Neues. Es sind schlichtweg sogenannte Scheininnovationen.
Nun müssen wir noch berücksichtigen, dass ein wesentlicher Teil der neuen, innovativen Wirkstoffe gar nicht im Tierversuch entdeckt wurde. Oft ist es ein Erfolg tierversuchsfreier Forschung, der Beobachtung und des Studiums von Patienten (und Krankheiten) und nicht selten auch schlicht ein Ergebnis des Zufalls. Da bleibt nicht mehr viel übrig, was man tatsächlich als Erfolg der Forschung in den Tierversuchslaboren bezeichnen könnte. Alleine deshalb schon eine Frage rein rhetorischer Natur: Sind die jedes Jahr weltweit weniger als 33 neu entwickelten Medikamente wirklich «Rechtfertigung genug» für die 115 000 000 Tierversuche jährlich?
Ohne Frage: Innovationen sind wichtig für das Weiterkommen in der medizinischen Forschung. Aber: Die AG STG setzt sich für eine innovative UND gleichzeitig für die Menschen nützliche Forschung ein. Nur das ist für uns echte Innovation.

[1] Gesundheitswesen Schweiz 2007 – 2009, Huber Verlag, Santésuisse und Nationale Gesundheitspolitik Schweiz / Verband Forschender Arzneimittelhersteller / Gaisser et al. / The pharmaceutical industry in figures