Ehrlich währt am längsten?

Manchmal frage ich mich schon: Wozu eigentlich diese ganze Wertevermittlung in Schule und Familie? Man lehrt uns, ehrlich zu sein, nicht zu betrügen und gerecht zu handeln. Im Religionsunterricht lernen wir gar, dass Lügen, Betrügen und Stehlen Sünden seien.
So weit, so gut, aber helfen diese Wertvorstellungen wirklich durchs Leben?
Kaum im Erwachsenenleben angekommen, «lernen» die meisten von uns, dass Lügen und Betrügen «im Kleinen wie im Grossen» manchmal oder öfters legitim seien. Viele «lernen» sogar, die Lügen zu glauben.
Ganz nebenbei frage ich mich: Worauf basieren die Macht und der Reichtum von Kirchen, von Banken, von Nahrungsmittelkonzernen, von Agro- und Pharmamultis und vielen mehr? Etwa auf Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und sozialer Verantwortung?

Ehrliche Menschen haben, wie die Weltgeschichte zeigt, selten einen leichten Stand.
Die Wahrheit zu sagen war immer schon ziemlich das Gefährlichste, was man tun konnte. Die Ehrlichen wurden oft verfolgt, gefoltert, bis sie logen (gestanden), und danach nicht selten hingerichtet.
Die Weltgeschichte hat schon viele kleine und grosse Diktaturen (seien diese nun staatlich, kirchlich, wissenschaftlich oder wirtschaftlich) erlebt. Alle haben sie zwei wesentliche Kennzeichen gemeinsam. Die Ehrlichkeit (Wahrheit) bekämpfen sie mit allen Mitteln, und sie handeln immer aus Habgier. Aus Gier nach Macht und materiellem Reichtum.

Wie komme ich überhaupt auf das Thema Ehrlichkeit? Dieser Gedanke entstand bei meinen Recherchen zum Korruptionsmarkt Medizin. Obwohl ich schon vieles gelesen und gesehen habe, wurde ich doch noch mehr geschockt, als ich es für möglich gehalten hatte. Und dies betrifft bei weitem nicht nur das grausame «Spiel» mit der Hoffnung der Patienten.
Ich lasse mich deshalb zur folgenden Behauptung hinreissen: Auch wenn für jeden einzelnen ehrlichen Satz eines Pharmavertreters eine Tonne Lebensmittel an die Ärmsten geliefert würde, könnte damit der Hunger auf der Welt niemals ausgerottet werden.

Wir alle wissen: Nicht Macht und Gier bringen «die Welt» weiter, sondern Werte wie Ehrlichkeit und Gerechtigkeit. Wenn wir aber ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass man mit Ehrlichkeit meistens nicht gerade weit kommt.
Doch vielleicht lehrt uns die Weltgeschichte auch ein bisschen Hoffnung. So massiv die Wahrheit auch immer bekämpft wurde, hat sie doch, so glaube ich, langfristig mehr Schlachten gewonnen als Lüge und Habgier zusammen.
Kämpfen wir also weiterhin gegen die Lügen der Tierversuchslobby und hoffen wir dabei, dass Ehrlichkeit tatsächlich am längsten währt.

 Andreas Item