Spenden für die Spendensammler
Nervt es Sie auch, wenn Sie durch die Stadt laufen und fast jedes Mal von «Mitgliedersammlern » angequatscht werden? Man sei gegen die Umwelt oder gegen Tiere oder gegen Kinder (für was diese Werber gerade sammeln), wenn man sich nicht verpflichte, einen Dauerauftrag zur Spenden-Überweisung an Organisation XY zu unterschreiben. Dieses Gefühl wird einem ungeniert vermittelt, ja manchmal sogar wörtlich gesagt.
Bei unseren Informationsständen «sammeln wir keine Mitglieder», wir sammeln z.B. Unterschriften für wichtige Tierschutzprojekte. Mir ist aufgefallen, dass man heutzutage für die gleiche Anzahl Unterschriften sicher dreimal länger sammeln muss als noch vor 10 Jahren. Dies liegt aber nicht am Desinteresse der Menschen. Die meisten Passanten denken, dass es sich eh wieder nur um einen Spendensammler- Stand handelt, und machen deshalb einen Bogen um echte Informationsstände. Nun ist mir «etwas der Kragen geplatzt». Immer öfter, wenn wir den Leuten erklären, dass es sich bei der Petition nur um eine Petition (ohne Kosten, ohne Werbung, ohne Verpflichtung) handelt, bekommen wir die Antwort: Das haben die beim Stand von XY (Sie wissen, wen ich meine) auch gesagt, und danach hätten Sie ein Dankesschreiben für die Mitgliedschaft und ständig Rechnungen erhalten! Diese Passanten haben dann schlicht Angst, eine einfache Petition zu unterschreiben.
Und wenn ich schon dabei bin: Dieses aggressive Spendenmarketing führt dazu, dass nicht die nützlichen und wichtigen Organisationen Geld erhalten, sondern die, die Millionen (kein Scherz!) in diese Spendensammlungen investieren. Vielen Vereinen geht langsam das Geld aus, weil sie das ihnen anvertraute Spendengeld lieber in sinnvolle Projekte investieren. Sollen diese Vereine nun gezwungen sein aufzuhören? Oder sollen sie nun, um zu überleben, gezwungen sein, ebenfalls einen grossen Teil ihrer Spenden für die Spendensammler auszugeben? Schliesslich kostet ein Spendensammler der Firma Corris 850 Franken pro Tag!
Liebe Leserinnen und Leser: Ich möchte Sie mit diesem Editorial zu nichts überreden, aber dazu anregen, dass Sie, wenn Sie das nächste Mal auf einen Spendensammler treffen, sich fragen: Wie viele Aktionen, Projekte, Informationsstände oder anderes haben Sie von diesem Verein schon gesehen? Oder kennen Sie ihn praktisch nur vom Spendensammeln oder aus der Werbung? Wenn Ihre Antwort dann «nicht so gut» ausfällt, berücksichtigen Sie doch bei Ihrer nächsten Spende lieber eine der vielen aktiven und wichtigen kleineren Organisationen. Ich hoffe, Sie nehmen mir diese kleine Bissigkeit nicht übel – aber irgendjemand muss das doch mal sagen! Andreas Item